Dynamik
Mit Dynamik wird in der Musik die Lehre von der Tonstärke (physikalisch: Lautheit) bezeichnet. Dabei unterscheidet man
- einheitliche Lautstärken (Stufen),
- gleitende Veränderungen der Lautstärke (Übergänge),
- abrupte Veränderungen der Lautstärke (Akzente).
Dynamikanweisungen in Noten sind meist in italienischer Sprache; seit dem 19. Jahrhundert finden sich jedoch auch Angaben in der jeweiligen Sprache des Komponisten.
Unterschiedliche Tonstärken werden auf den verschiedenen Musikinstrumenten unterschiedlich ausgeführt: bei Streichinstrumenten wird der Druck, die Geschwindigkeit des Bogenstrichs, sowie die Strichstelle verändert, Bläser variieren den Druck und die Menge des Luftstroms. Die Dynamik der Zupf- und Schlaginstrumente wird, wie auch beim Klavier, durch die Härte des Anschlags bestimmt.
In der modernen Notation wird die Tonstärke mit kursiven Buchstaben und Zeichen unter dem Notensystem angegeben. Nur bei Musik für Gesangsstimmen wird die Dynamik normalerweise über dem Notensystem angegeben, während unter dem Notensystem der Gesangstext steht.
Teilweise, besonders in der (quasi „hyperexpressivistisch“ notierten) Musik vieler Spätromantiker (wie z. B. Gustav Mahler) oder auch einiger Expressionisten, wird die gewünschte Tonstärke oder Ausdrucksänderung auch durch ausgeschriebene Anweisungen wie „hervorbringen“, „etwas zärter“ oder auch engl. „bring out“, etc. angegeben. Dies ist gegentlich auch heute noch Praxis. Auch häufig verwendete bzw. den Grundausdrucksstärken (wie forte oder pianissimo) noch zugesetzten Ausdrucksbezeichnungen wie dolce oder marcato geben zusätzlichen Aufschluss über die vom Komponisten gewünschte Vortragsart und somit auch Dynamik. Mit ma non troppo können zudem Dynamikbezeichnungen leicht abgemildert werden (z. B. „forte ma non troppo“ für ein etwas abgemildertes Forte)
Dynamische Bezeichnungen können auch substantivisch gebraucht werden: „Das Forte“ kann jenen Teil eines Musikstücks bezeichnen, der mit großer Lautstärke vorzutragen ist. Ebenso kann man von einem „gewaltigen Orchestercrescendo“ sprechen.
Während beispielsweise Tonhöhen genau festlegbar sind (in Hz), unterliegen Dynamikparameter subjektiven Einflüssen. Die Dynamikstufe piano kann in einem anderen Kontext genauso laut gespielt werden wie ein mezzoforte. Bei der richtigen dynamischen Ausführung eines Musikstückes kommt es immer auf die richtige kontextuale Proportionierung an.
Einheitliche Lautstärken in der Musik
Die am häufigsten verwendeten Tonstärken der abendländischen Musik werden mit folgenden italienischen Abkürzungen bezeichnet (geordnet von leise nach laut):
⋯ − ppp − pp − p − mp − mf − f − ff − fff −
piano
(„still“, „leise“, „zart“), Abkürzung p ist die Anweisung für eine leise Tonstärke.
forte
(„stark“, „laut“, „kräftig“), Abkürzung f ist die Anweisung für eine laute und kräftige Tonstärke.
Mit dem Buchstaben m wie mezzo („mittel“, „halb“) wird die Anweisung abgeschwächt: mf (mezzoforte) bedeutet „mittellaut“ und ist etwas leiser als f, während mp (mezzopiano, „mittelleise“) etwas lauter als p ist.
Zur Steigerung von f und p kann der Buchstabe verdoppelt werden: ff heißt fortissimo („sehr laut“) und pp pianissimo („sehr leise“). In der Musik bis 1800 sind das die Lautstärkenextreme, in der Romantik entstanden auch noch fff (fortissimo possibile, fortissimo forte, forte fortissimo oder fortississimo) und ppp (pianissimo piano, piano pianissimo oder pianissimo possibile), seltener wurden noch mehr Buchstaben aneinandergefügt: Pjotr Iljitsch Tschaikowski schreibt in seiner Symphonie Pathétique an der lautesten Stelle fffff und an der leisesten pppppp vor, György Ligeti verwendet teilweise gar achtfaches piano bzw. forte, diese Nuancen sind jedoch kaum ausführbar.
Aus obigen Gründen werden in der praktisch ausführbarer Musik heutzutage üblicherweise nur Angaben von ppp bis fff notiert. Im Besonderen die gewünschte Lautstärke der Fortedynamik kann dann mit Akzent-, Marcatozeichen oder dem der eigentlich Dynamiken zugesetzten s oder z (also zum Beispiel sf, oder sffz noch gesteigert werden.
Gleitende Veränderungen der Lautstärke
Das Wort crescendo (cresc., „wachsend“) schreibt eine allmähliche Verstärkung der Lautstärke vor. Das Gegenteil davon ist das diminuendo (dim., „verringernd“) oder auch decrescendo (decresc.), das ein Leiserwerden verlangt. Oft steht danach eine Dynamikbezeichnung, die das Ende der Veränderung und die zu erreichende Dynamik anzeigt.
Anstelle der Bezeichnungen cresc. oder dim. findet man oft sogenannte Gabeln, die sich von der leisesten zur lautesten Stelle öffnen, oder umgekehrt, von der lautesten zur leisesten schließen. Für das Leiserwerden bis zur Lautlosigkeit (al niente, „bis zum Nichts“) bzw. das Lauterwerden aus der Stille (dal niente, „aus dem Nichts“) stehen gelegentlich schließende bzw. öffnende Gabeln, die an ihrer Spitze ein n. haben oder aber einen kleinen Kreis tragen.
Die Anweisung subito (sub., „plötzlich“, „sofort“) verlangt einen schlagartigen, oft als überraschenden Effekt eingesetzten Übergang von einer Stufe zu einer anderen: subito piano z. B. bedeutet einen plötzlichen Übergang von laut zu leise.
Mit più (mehr) und meno (weniger) wird eine Veränderung gegenüber der aktuell gültigen Dynamikstufe bezeichnet. più forte bedeutet ein stärkeres Forte als bisher, meno piano bedeutet weniger piano, d. h. etwas lauter. Abweichungen von dieser Auslegung gibt es z. B. bei Hugo Distler, der meno piano als weniger als piano, d. h. noch leiser, interpretiert haben möchte.
Abrupte Veränderungen der Lautstärke
sforzato oder sforzando
(sf oder sfz oder fz): mit plötzlicher Betonung.
rinforzando
(rf oder rfz): wieder stärker werdend oder mit anfangs leicht anschwellender Betonung.
fortepiano
(fp): laut, dann plötzlich leise.
Diese Abkürzungen werden zur weiteren Nuancierung von vielen Komponisten mit den drei Buchstaben für die dynamischen Grundstufen kombiniert, wobei Bezeichnungen wie sffz, sfp, mfp, fpp gebildet werden können. In Verbindung mit den graphischen Zeichen für Akzente ergeben sich unzählige Möglichkeiten dynamischer Vorschreibungen, die für den Musiker oft nur mit großer Stilkenntnis oder unter Einsicht des Autographes verständlich werden.
Auch sehr häufig sind musikalische Akzente in Form von speziellen Zeichen, hierbei am geläufigsten sind > für marcato (für akzentuiert oder betont) und ^ für martellato (für stark akzentuiert oder gehämmert). Auf die Dynamik f bezogen würde eine Note mit > entsprechend sf gespielt werden müssen, während eine Note mit ^ dem sfz ebenbürtig wäre. Zeichen wie > eignen sich im Gegensatz zu den letztgenannten Schriftzeichen, im Besonderen für mehrere Akzentuierte Noten an einem Stück. Abrupte Akzente wie >, ^, als auch sf oder sfz heben die Grunddynamik (z. B. mezzopiano, mezzoforte oder forte) mit dem möglicherweise ein vorhergegangenes Notensystem markiert wurde nicht auf, daher muss die ursprüngliche Dynamik nach dem Auftreten solcher Akzenten auch nicht erneut markiert werden.
Außerdem findet sich in der Literatur häufig die bereits oben erwähnte Bezeichnung subito (abgekürzt sub.; ital.: sofort) in Verbindung mit einer regulären Dynamikangabe. Dadurch kann zum Beispiel mit sub. p angezeigt werden, dass plötzlich piano zu musizieren ist, nachdem zuvor forte o. Ä. angegeben war.
Geschichte
Zu Beginn der Barockzeit hatte die Dynamik als musikalischer Parameter noch wenig Gewicht; es wurde weitgehend dem mündlich tradierten Stilempfinden der Musiker überlassen, wo leiser oder lauter zu spielen war. Dynamikangaben im Aufführungsmaterial waren selten und bezeichneten häufig Abweichungen von den Regeln. Früheste Beispiele für den Gebrauch von Dynamikangaben sind die Sacrae Symphoniae von Giovanni Gabrieli (1597), das Israelsbrünnlein von Johann Hermann Schein (1623) oder die Musicalischen Exequien von Heinrich Schütz (1635). Die dynamischen Angaben dienten dazu das gesamte Ensemble lauter oder leiser musizieren zu lassen. Im Spätbarock wurde dann genauer differenziert, etwa wenn die Bratschen im zweiten Satz von Vivaldis Frühlingskonzert forte zu spielen haben – zur Darstellung bellender Hunde –, während der Rest des Orchesters und die Solovioline piano spielen. In Johann Sebastian Bachs Werken zeigen Dynamikangaben, an welcher Stelle eine Stimme hinter eine andere zurückzutreten hat oder hervorzuheben ist.
Registerwechsel auf Cembalo und barocker Orgel oder der Wechsel zwischen Concertino und Tutti im Concerto grosso führten zu übergangslos wechselnder Lautstärke und Klangfarbe, was Anfang des 20. Jahrhunderts den Begriff der Terrassendynamik prägte. Dieser wurde in der Folge vereinfachend auf die gesamte Musik des Barock angewendet. Aus heutiger Sicht ist dieses nicht mehr haltbar; historische Quellen zeigen, dass auch Barocksänger und -instrumentalisten mit dynamischen Abstufungen und Übergängen interpretierten, von der bewussten Artikulation einzelner Töne bis hin zu größeren Bögen.
In der Vorklassik bekam die Dynamik eine neue Bedeutung. Das Cembalo wurde vom Fortepiano verdrängt, das – wie es sein Name ausdrückt – in der Lage war, durch Variation des Anschlags auch die Lautstärke zu beeinflussen. Etwa zeitgleich bildete sich durch die Mannheimer Schule eine bisher nicht gekannte Präzision im Orchesterspiel heraus, die es ermöglichte, dynamische Effekte wie einheitliches pianissimo und fortissimo oder das berühmte „Mannheimer Crescendo“ mit dem ganzen Orchester zu realisieren.
Bei Ludwig van Beethoven erlangte die Dynamik endgültig den Rang eines eigenständigen musikalischen Parameters, für den präzise Spielanweisungen gelten. In seinen Partituren notierte er neben der Grunddynamik zahlreiche vorher nicht oder nur selten benutzte Ausdrucksmittel: regelmäßig verwendete Lautstärkeextreme pp und ff oft in unmittelbarem Kontrast, Crescendo des gesamten Orchesters über viele Takte hinweg, Crescendo vom p zum ff innerhalb eines einzigen Taktes, Crescendo mit anschließendem subito p Decrescendo mit anschließendem ff, Akzente auf den „schwachen“ Taktzeiten usw.
Die Romantik brachte als Neuerung lediglich die weitere Steigerung der Extreme (s. o.).
Entnommen aus Wikipedia. Quelle und weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Dynamik_(Musik)
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